Sonntag, 15. Juli 2012

Einschränkungen der Kunstfreiheit per Vertrag...

"Lebenskunst besteht zu 90 Prozent aus der Fähigkeit, mit Menschen auszukommen, die man nicht leiden kann." Dies bemerkte schon Samuel Goldwyn, der Mitbegründer von Filmstudios wie den United Artists und der Metro-Goldwyn-Mayer.

Das Amtsgericht München  (AG München · Urteil vom24. Mai 2011 · Az. 224 C 33358/10) hatte unlängst über einen bemerkenswerten Rechtsstreit aus dem Bereich des  Kunstrechts zu befinden. Das Amtsgericht betonte in seiner Entscheidung,  dass  bei der Herstellung eines Kunstwerks es der Charakter des Werkvertrags sei, dass der Künstler als Unternehmer das bestellte Werk in eigener Verantwortung schafft. Dabei könne die Kunstfreiheit zwar vertraglich eingeschränkt werden. Wenn  jedoch keine vertragliche Einschränkung erfolgt, so trägt der Auftraggeber das Risiko, ein Werk abnehmen zu müssen, das ihm nicht gefällt.

Zum Sachverhalt der Entscheidung

In dem Rechtsstreit wurde der Auftraggeber einer von einem Künstler angefertigten Kunstinstallation auf Zahlung verklagt. Die Kunstinstallation bestand aus einem Hinterglasbild in Form eines bemalten Aufsatzes für ein Treppenhausinnenfenster und einem Parallelogramm an einer Wand, auf welche das durch das Glasfenster eindringende Licht auftraf. Nach vorausgegangener  Vor-Ort-Besprechung mit dem Künstler wurde das Kunstwerk  von dem Künstler schließlich eingebaut.

Die Auftraggeberin monierte nach dem Einbau, dass der „erhoffte Wouh-Effekt fehle“und die „einfachen Vierecke nicht ihren Wünschen entsprechen würden“.

Werkvertragsrecht findet Anwendung

Bemerkenswert an der Entscheidung des Amtsgerichts München ist zunächst, dass es für seine rechtliche Beurteilung Werkvertragsrecht angewendet hat. Auch wenn Gegenstand des Vertrags die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Sachen war, kam nach Überzeugung des Gerichts Werkvertrags- und nicht über § 651 BGB Kaufrecht zur Anwendung.  Nach dem Vertragsinhalt sei nämlich die Herstellung und der Einbau der Kunstinstallation des Künstlers  geschuldet gewesen, so dass nicht die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz im Vordergrund stand, sondern ein über die bloße technische Herstellung hinausgehender Gesamterfolg.

Entscheidungsbegründung

Die  Beklagte konnte bei  Gericht nicht nachweisen, dass, über den schriftlichen Vertrag hinausgehend, eine Beschränkung des Künstlers auf eine ganz bestimmte Form des herzustellenden Kunstwerks vereinbart worden wäre.

Grundsätzlich muss nämlich jemand, der einen Künstler mit der Herstellung eines Kunstwerks beauftragt, sich vorher mit dessen künstlerischen Eigenarten und Auffassung vertraut machen. Der Gestaltungsfreiheit des Künstlers entspricht das Risiko des Bestellers ein Werk abnehmen zu müssen, das ihm später nicht gefällt (BGH, NJW 1956, 627, 628).  Das Amtsgericht betonte, dass bei der Herstellung eines Kunstwerks es der Charakter des Werkvertrags sei, dass der Künstler als Unternehmer das bestellte Werk grundsätzlich in eigener Verantwortung schafft. Dies folgt bereits auch aus der durch Art. 5 Absatz 3 GG geschützten künstlerischen Freiheit.

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