Eine
Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die bei einem
Verbrauchsgüterkauf eine Rügepflicht bei offensichtlichen Mängeln
postuliert, ist unzulässig. Dies hat der 4. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Hamm am 24.05.2012 entschieden und damit die
erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Münster teilweise
abgeändert. Auch bei offensichtlichen Mängeln unterliegen Verbraucher
nach der Rechtsprechung des OLG Hamm also keiner unverzüglichen Rügepflicht.
Redaktioneller Leitsatz zu
OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2012, Az. I-4 U 48/12
Urteil
…
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 19.01.2012 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.
Die Antragsgegnerin wird weiter verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000, EUR, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin) zu unterlassen,
a)im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen Produkte aus dem Bereich Spielgeräte im Fernabsatz anzubieten und/oder zu verkaufen, ohne Verbraucher in diesem Zusammenhang ordnungsgemäß und widerspruchsfrei zu informieren über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung sowie die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe,
wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin über deren Online-Shop unter der Domain „Internetadresse” (Anlage ASt 2)
und/oder
b)innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Abschluss von Verträgen im Fernabsatz die nachstehend aufgeführte Klausel wörtlich oder inhaltsgleich zu vereinbaren und/oder sich bei der Abwicklung von Verträgen auf diese zu berufen:
„Etwaige offensichtliche Mängel sind unverzüglich spätestens jedoch 2 Wochen nach Übergabe des Kaufgegenstandes dem Anbieter gegenüber schriftlich anzuzeigen”,
wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin über deren Online-Shop unter der Domain „Internetadresse” (Anlage ASt 2).
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Redaktioneller Leitsatz zu
OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2012, Az. I-4 U 48/12
Urteil
…
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 19.01.2012 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.
Die Antragsgegnerin wird weiter verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000, EUR, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin) zu unterlassen,
a)im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen Produkte aus dem Bereich Spielgeräte im Fernabsatz anzubieten und/oder zu verkaufen, ohne Verbraucher in diesem Zusammenhang ordnungsgemäß und widerspruchsfrei zu informieren über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung sowie die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe,
wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin über deren Online-Shop unter der Domain „Internetadresse” (Anlage ASt 2)
und/oder
b)innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Abschluss von Verträgen im Fernabsatz die nachstehend aufgeführte Klausel wörtlich oder inhaltsgleich zu vereinbaren und/oder sich bei der Abwicklung von Verträgen auf diese zu berufen:
„Etwaige offensichtliche Mängel sind unverzüglich spätestens jedoch 2 Wochen nach Übergabe des Kaufgegenstandes dem Anbieter gegenüber schriftlich anzuzeigen”,
wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin über deren Online-Shop unter der Domain „Internetadresse” (Anlage ASt 2).
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die Parteien vertreiben Spielgeräte, insbesondere für den Garten,
über Online-Shops im Internet. Die Antragstellerin ließ die
Antragsgegnerin mit Anwaltsschreiben vom 16.11.2011 abmahnen, und zwar
wegen verschiedener wettbewerbsrechtlich relevanter Gesetzesverstöße in
deren Internetauftritt vom 01.11.2011 (Anlage ASt 2).
Am 05.12.2011 hat die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung
erwirkt, mit der der Antragsgegnerin fünf verschiedene Verhaltensweisen
verboten worden sind. Wegen deren Einzelheiten wird auf die
Beschlussverfügung (Bl.39 ff.) verwiesen. Die Antragsgegnerin hat
Widerspruch eingelegt und sich in der Sache dahin verteidigt, dass keine
Wettbewerbsverstöße vorgelegen hätten.
Wegen des Parteivortrages im Einzelnen wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung in Bezug auf drei der
fünf Unterlassungsbegehren bestätigt und sie in Bezug auf zwei der
Anträge (zu 1 a und zu 1 b) cc), die im Berufungsverfahren noch von
Bedeutung sind, aufgehoben. Zur Begründung der teilweisen Aufhebung der
Verfügung und der Zurückweisung der entsprechenden Anträge hat das
Landgericht zunächst ausgeführt, dass kein Wettbewerbsverstoß darin zu
sehen sei, dass die von der Antragsgegnerin im streitgegenständlichen
Internetauftritt verwendeten Widerrufsbelehrungen zwei unterschiedliche
Formulierungen enthielten und damit widersprüchlich seien. Unter dem
Reiter “Gesetzl. Widerrufsrecht” habe die Antragsgegnerin darauf
hingewiesen, dass die Widerrufsfrist nicht “vor Erfüllung unserer
Informationspflichten gem. Art. 246, § 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB sowie unserer Pflichten gem. § 312 g Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 246,
§ 3 EGBGB” beginne. Dagegen habe sie in ihren Allgemeinen
Geschäftsbedingungen darauf hingewiesen, die Informationspflicht beginne
nicht “vor Erfüllung unserer Informationspflichten gem. Art. 246, § 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB sowie unserer Pflichten gem. § 312 e Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 246, § 3 EGBGB”. Diese beiden Belehrungen unterschieden sich allein dadurch, dass einmal auf § 312 e BGB und einmal auf § 312 g BGB
hingewiesen worden sei. Dabei sei es einmal um die bis zum 4. November
2011 maßgebliche Regelung und das andere Mal um die ab dem 04.11.2011
geltende Regelung gegangen. Der Unterschied sei nach der Erklärung der
Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung Folge einer sukzessiven
Änderung der Widerrufsbelehrung in den verschiedenen Teilen des
Internetauftritts gewesen. Da die unterschiedlichen Angaben zu den
Paragraphen somit zwar widersprüchlich, aber in der Übergangszeit beide
Angaben erlaubt gewesen seien, sei kein unlauteres Verhalten in Form
eines Gesetzesverstoßes gegeben gewesen.
Auch die Verwendung der Bestimmung in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, nach der offensichtliche Mängel unverzüglich,
spätestens zwei Wochen nach Übergabe des Kaufgegenstandes, schriftlich
anzuzeigen seien, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 309 Nr. 8 b) ee) BGB
sei die Verwendung einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
unwirksam, mit welcher der Verwender dem anderen Vertragspartner für die
Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setze. Die
hier beanstandete Regelung beziehe sich aber auf offensichtliche Mängel.
Eine solche Regelung sei nicht nur nach der Klauselkontrolle, sondern
auch nach der Gesetzeslage beim Verbrauchsgüterkauf gem. § 475 BGB nicht zu beanstanden.
Die Antragstellerin greift das Urteil mit der Berufung an, soweit die
Verfügung aufgehoben und der Antrag zurückgewiesen worden ist. Sie
meint weiterhin, dass es unlauter sei, auf der beanstandeten Webseite
unter den Überschriften “AGB” und “Gesetzl. Widerrufsrecht” Verbrauchern
zur gleichen Zeit zwei unterschiedliche und widersprüchliche
Informationen zum Widerrufsrecht zu erteilen. Das Landgericht habe
übersehen, dass die Antragsgegnerin nicht nur in der einen Belehrung
beim Lauf der Widerrufsfrist auf die neue Regelung des § 312 g BGB und in der anderen Belehrung noch auf die alte Regelung des § 312 e BGB
hingewiesen habe, sondern auch beim Hinweis darauf, wann im Falle des
Widerrufs Wertersatz zu leisten sei, zwei verschiedene Formulierungen
verwandt habe. Während in dem Reiter “AGB” unzutreffend darauf
hingewiesen werde, dass der Verbraucher Wertersatz für eine durch die
bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung
vermeiden könne, indem er die Sache nicht wie sein Eigentum in Besitz
nehme und alles unterlasse, was deren Wert beeinträchtige, werde in dem
Reiter “Gesetzl. Widerrufsrecht” richtig dahin belehrt, dass der
Verbraucher für Verschlechterungen, die durch eine bestimmungsgemäße
Ingebrauchnahme der Sache entstanden sind, nur Wertersatzersatz leisten
müsse, soweit die Verschlechterung auf einem Umgang mit der Sache
beruht, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise
hinausgehe. Nur diese letztere Formulierung trage der Neufassung des § 357 Abs. 3 BGB hinreichend Rechnung, die ab dem 4. August 2011 Gültigkeit beansprucht habe.
Die Antragsgegnerin handele auch unlauter, indem sie auch bei
Verkaufsangeboten gegenüber Verbrauchern in ihren Allgemeinen
Geschäftsbedingungen geregelt habe, dass etwaige offensichtliche Mängel
unverzüglich, spätestens jedoch zwei Wochen nach Übergabe des
Kaufgegenstandes dem Anbieter gegenüber schriftlich anzuzeigen seien.
Das Auferlegen einer solchen Rügepflicht weiche zu Lasten des
Verbrauchers von den gesetzlichen Regelungen ab und verstoße damit gegen
§ 307 Abs. 1 BGB und § 475 BGB.
Im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufes dürfe der Unternehmer mit dem
Verbraucher keine Vereinbarung treffen, die geeignet sei, die
gesetzlichen Gewährleistungsrechte wie § 437 BGB einzuschränken. Denn insoweit schreibe § 475 BGB
die Unabdingbarkeit der Käuferrechte vor. Eine Ausschlussfrist schränke
aber die betroffenen Käuferrechte erheblich ein. Die Bestimmung des § 309 Nr. 8 b) ee) BGB sei keine gegenüber der zwingenden Vorschrift des § 475 BGB vorrangige Regelung. § 475 BGB
gehe als zwingende Vorschrift der Bestimmung über die Inhaltskontrolle
vor. Die Rügefrist wirke wie eine Ausschlussfrist und führe dazu, dass
bei einem offensichtlichen Mangel die Gewährleistungsrechte abweichend
von § 438 BGB praktisch innerhalb von zwei Wochen verjähren würden. Das stelle einen Verstoß gegen § 475 Abs. 2 BGB
dar, weil die Durchsetzung der Mängelrechte erschwert werde. Insoweit
bezieht sich die Antragstellerin auf eine Entscheidung des Landgerichts
München I vom 17.02.2011 (17 HKO 18140/10), dessen Begründung sie zum
Inhalt ihres Vortrages macht (Bl.130 f.).
Die Antragstellerin beantragt zuletzt, das angefochtene Urteil
abzuändern und es der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen
Ordnungsmittel zu untersagen, im Zusammenhang mit geschäftlichen
Handlungen Produkte aus dem Bereich Spielgeräte im Fernabsatz anzubieten
und/oder zu verkaufen, ohne Verbraucher in diesem Zusammenhang
ordnungsgemäß und widerspruchsfrei zu informieren über die Bedingungen
und Einzelheiten der Ausübung sowie die Rechtsfolgen des Widerrufs oder
der Rückgabe, wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin über
deren Online-Shop unter der Domain “Internetadresse” (Anlage ASt 2). innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Abschluss von
Verträgen im Fernabsatz die nachstehend aufgeführte Klausel wörtlich
oder inhaltsgleich zu vereinbaren und/oder sich bei der Abwicklung von
Verträgen auf diese zu berufen:
Etwaige offensichtliche Mängel sind unverzüglich spätestens jedoch
zwei Wochen nach Übergabe des Kaufgegenstandes dem Anbieter gegenüber
schriftlich anzuzeigen”,wie geschehen in den Ausführungen der Antragsgegnerin über deren Online-Shop unter der Domain “Internetadresse” (Anlage ASt 2).
Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin zieht die Zulässigkeit der Berufung in Zweifel,
da diese nicht rechtzeitig eingelegt worden sein könnte und die
Unterschrift nicht als eine solche zu erkennen sei. In der Sache meint
die Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht
habe, dass die Internetseite der Antragsgegnerin nicht der seit dem 4.
November 2011 zu beachtenden Gesetzeslage entspreche. Sie habe nämlich
lediglich einen Internetausdruck vom 1. November 2011 vorgelegt. Die
Antragsgegnerin bestreitet, die gerügten Allgemeinen
Geschäftsbedingungen bereits seit dem 3. August 2011 verwendet zu haben.
Das Gegenteil habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Nicht
zu beanstanden sei die Klausel, die eine Rügepflicht bei
offensichtlichen Mängeln vorsehe. Diese Rechtsauffassung lässt die
Antragsgegnerin mit näheren Ausführungen begründen, auf die verwiesen
wird. Jedenfalls sei ein unterstellter Gesetzesverstoß als Bagatellfall
im Sinne von § 3 UWG einzustufen.
Vorsorglich merkt die Antragsgegnerin auch zweitinstanzlich an, dass
nicht jeder Verstoß gegen die Regelungen ihrer Allgemeinen
Geschäftsbedingungen einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstelle.
Es müsse sich schon um Klauseln handeln, die sich bei der
Nachfrageentscheidung des Verbrauchers im Vorfeld eines
Vertragsschlusses auswirken. Daran fehle es vorliegend. Somit fehle es
auch an einer Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist innerhalb der Frist des § 517 ZPO
eingelegt worden. Die Berufung ist auch erkennbar mit einer
eigenhändigen Unterschrift von Rechtsanwalt K versehen. Bei dem
Schriftzug, der einen individuellen Charakter aufweist, handelt es sich
gerade nicht um eine Paraphe, die nicht als Unterschrift dienen soll.
Die Berufung ist begründet, weil der Antragstellerin auch im Hinblick
auf die beiden zurückgewiesenen Verfügungsanträge ein
Unterlassungsanspruch als Verfügungsanspruch zusteht.
1)Der Antrag zu a) aus der Berufungsbegründung ist jedenfalls nach der erfolgten Klarstellung bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 UWG.
Er bezieht die konkrete Verletzungshandlung in den Antrag ein. Die
Verwendung des Wortes “und” macht jetzt klar, dass das Verbot
entscheidend darauf abstellt, dass zwei unterschiedliche, teilweise
nicht ordnungsgemäße und auch widersprüchliche Belehrungen vorliegen.
Die unrichtigen und widersprüchlichen Belehrungen beziehen sich nun
erkennbar nur auf die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung, nämlich
die Widerrufsfrist, und auf die Rechtsfolgen des Widerrufs, wobei es um
einen möglichen Wertersatz beim Rücktritt geht. Bedenken gegen die
Zulässigkeit des Antrags zu 1 b) bestehen insoweit nicht.
2)Es liegt auch ein Verfügungsgrund vor. Die Dringlichkeit ist bei der Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen nach § 12 Abs. 2 UWG
zu vermuten. Es gibt hier auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die
Dringlichkeitsvermutung widerlegt sein könnte. Der beanstandete
Internetauftritt stammt vom 01.11.2011. Für eine frühere Kenntnisnahme
auf Seiten der Antragstellerin spricht nichts. Der Verfügungsantrag ist
per Telefax am 30.11.2011 bei Gericht eingegangen, also noch im Monat
der Kenntnisnahme, also zeitig genug.
3)Ein Verfügungsanspruch ist auch insoweit gegeben, dass der
Antragstellerin wegen der zwei weiteren Beanstandungen ein
Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit §§ 312 c Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB, 307 Abs. 1, 475 BGB zusteht.
Ein Verstoß gegen diese Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG ist zum einen darin zu sehen sein, dass die Antragstellerin zwei sich widersprechende und teilweise nicht ordnungsgemäße Widerrufsbelehrungen verwandt und damit widersprüchlich belehrt hat. Zum anderen hat sie in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel verwandt, durch die sie von der gesetzlichen Regelung abgewichen ist und gegen § 475 Abs. 1, 2 BGB verstoßen hat. Darüber, dass auch § 475 BGB als Verbraucherschutznorm eine Marktverhaltensregel darstellt, kann kein Zweifel bestehen. Da diese Vorschrift ihrerseits Vorschriften wie Art. 5 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzt, hätte ein Verstoß gegen diese Regelung auch den erforderlichen europarechtlichen Bezug.
a)Es besteht kein Zweifel daran, dass die Antragstellerin, die ähnliche
oder gar dieselben Waren im Internet anbietet und vertreibt, als
Mitbewerberin der Antragsgegnerin aktivlegitimiert ist. Das hat auch das
Landgericht zwangsläufig bei der Verurteilung im Übrigen auch schon so
gesehen.
b)Es liegt auch im Hinblick auf die Verwendung der zwei unterschiedlichen Widerrufsbelehrungen ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 312 c Abs. 1, Art. 246
§ 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB vor. Denn eine Widerrufsbelehrung ist nur dann
ordnungsgemäß, wenn sie für den Verbraucher eindeutig klarstellt, welche
einzelnen Bedingungen für die Ausübung des Rechts gelten und welche
Folgen die Ausübung des Rechts hat. Es dürfen somit grundsätzlich keine
unterschiedlichen Belehrungen erteilt werden, weil der Verbraucher
dadurch irritiert wird und letztlich nicht weiß, welche der Belehrungen
richtig ist und gelten soll (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2011 - I-4 U
35 / 11). Deshalb ist es auch unerheblich, wenn jedenfalls an einer
Stelle, etwa hier unter der Überschrift “Gesetzl. Widerrufsfrist” die
Widerrufsbelehrung auf der Grundlage der nunmehr gültigen rechtlichen
Bestimmungen zutreffend erfolgt ist und die anderslautende Belehrung in
den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur versehentlich falsch (geworden)
ist, weil sie nicht zeitnah geändert worden ist. Entscheidend ist, dass
der Internetnutzer jedenfalls dann, wenn er die Belehrung in den
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin liest, die Angaben
ernst nimmt und deshalb überhaupt keine Veranlassung mehr sieht, an
anderer Stelle nach einer abweichenden Widerrufsbelehrung zu suchen. Das
Landgericht hat auch übersehen, dass zwar die in der Belehrung in den
AGB noch nicht ersetzte alte Regelung des § 312 e BGB
übergangsweise noch weitergegolten haben mag. Das galt aber nicht für
die ebenfalls in den beiden sich widersprechenden Widerrufsbelehrungen
enthaltene unterschiedlich erfolgte Belehrung über den möglichen
Wertersatz im Falle der Ausübung des Widerrufsrechts. Insoweit entsprach
die veraltete Fassung ohnehin nicht mehr der Neuregelung des § 357 Abs. 3 BGB, wie die Berufungsbegründung zutreffend ausgeführt hat.
c)Der Verstoß gegen Gesetzesvorschriften durch die Verwendung unwirksamer
Allgemeiner Geschäftsbedingungen stellt zugleich einen
Wettbewerbsverstoß dar. Das war und ist ständige Rechtsprechung des
Senats und inzwischen schon aufgrund des Gebotes richtlinienkonformer
Auslegung des UWG am Maßstab der UGP-Richtlinie nicht mehr im Streit
(vgl. BGH GRUR 2011, 1117
Gewährleistungsausschluss im Internet; Köhler/Bornkamm, UWG, 30.
Auflage, § 4 Rdn. 11.156 c). Die Klausel in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin, die eine Rügepflicht bei
offensichtlichen Mängeln postuliert, verstößt aber gegen § 475 Abs. 2 BGB. Es trifft zwar zu, dass nach § 309 Nr. 8 b) ee) BGB
im Rahmen der Inhaltskontrolle eine Klausel nur unwirksam ist, mit
welcher der Verwender dem Vertragspartner wegen nicht offensichtlicher
Mängel eine Ausschlussfrist setzt. Daraus ist im Rahmen der allgemeinen
Klauselkontrolle zu folgern, dass solche Ausschlussfristen beim
Vorliegen offensichtlicher Mängel im Allgemeinen nicht zu beanstanden
sind. An dieser Wertung kann aber entgegen der Einschätzung des
Gesetzgebers bei der Gesetzesbegründung im Rahmen der Umsetzung der
Bestimmungen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (vgl. dazu Graf von
Westfalen, ZGS 2005, 173 f.) jedenfalls dann nicht festgehalten werden,
wenn es um einen Verbrauchsgüterkauf geht. Da eine vereinbarte
Rügepflicht zu Lasten des Verbrauchers vom geltenden Recht abweicht und
die Mängelrechte zumindest faktisch zum Nachteil des Verbrauchers
einschränkt, ist eine solche Vereinbarung nach § 475 BGB
nicht zulässig (Münchener Kommentar-Wurmnest, Band 2, 6. Auflage 2012, §
309 Nr. 8 Rdn. 62; a.A. Palandt-Grüneberg, 71. Auflage, § 309 BGB Rdn. 78). Die Verbraucherschutznorm des § 309 BGB soll und kann insoweit die speziell für den Verbrauchsgüterkauf geltende Schutznorm des § 475 BGB nicht einschränken. Die Regelung des § 475 BGB geht der entsprechenden Regelung in § 309 BGB
vor, die lediglich dispositives Recht betrifft (LG München I, Urteil
vom 17.02.2011 -17 HK O 18140 / 10; Woitkewitsch, MDR 2005, 841,842).
Die Abweichung vom geltenden Recht ergibt sich auch schon daraus, dass
der Gesetzgeber von der sich aus Art. 5 Abs. 2 der
Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie ergebenden Möglichkeit, für offenkundige
Mängel eine Ausschlussfrist von mindestens zwei Monaten zu bestimmen, im
Rahmen der Umsetzung keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. Graf von
Westfalen, a.a.O. S.174). Somit gibt es in der bestehenden Rechtslage
auch keine solche Ausschlussfrist. Im Fall des Verbrauchsgüterkaufes
dürfen aber weder unmittelbar noch durch Umgehungen im Sinne von § 475 Abs. 1 S.2 BGB
von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen getroffen
werden, die die Verbraucherrechte zur Gewährleistung oder zur Verjährung
in Ansehung des § 437 BGB
betreffen. Auch wenn aus einer Versäumung der Rügepflicht für
offensichtliche Mängel mangels entsprechender Regelung nicht zwingend
folgen mag, dass sich der Verbraucher nicht mehr auf das Bestehen von
Gewährleistungsansprüchen wegen offensichtlicher Mängel berufen könnte,
werden seine Verbraucherrechte jedenfalls mittelbar betroffen. Der
Verwender spekuliert erkennbar darauf, dass der Käufer die
Rügeobliegenheit möglicherweise nicht kennt und deshalb verspätet rügt
(Woitkewitsch, a.a.aO., S. 842). Es wird zwar ausdrücklich keine dem § 377 HGB
vergleichbare Sanktion dahin vereinbart, dass die Ware dann als
mangelfrei gilt und der Verbraucher im Falle der unterlassenen Rüge
seine Gewährleistungsansprüche aus den Mängeln regelmäßig nicht mehr
geltend machen kann. Ein solcher Eindruck kann aber zumindest beim
Verbraucher erweckt werden, weil ihm der Sinn einer sanktionslosen
Rügefrist nicht einleuchten mag und weil sich der Verwender auf die
fehlende Rüge berufen könnte (vgl. LG München I, a.a.O.). Damit ist die
abweichende Regelung zumindest geeignet, die Gewährleistungsrechte des
Verbrauchers einzuschränken. Die Klausel bleibt auf den Verbraucher
jedenfalls regelmäßig nicht ohne Wirkung, wenn die Frist versäumt worden
ist. Das genügt nach der Intention des Gesetzes, welches auch
Umgehungen verhindern will, schon für eine Unzulässigkeit der
beanstandeten Klausel.
4)Liegt ein solcher Gesetzesverstoß vor, so ist er auch keine Bagatelle im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG.
Eine solche liegt schon in der Regel nicht vor, wenn gegen solche
Verbraucherschutzbestimmungen verstoßen wird. Der Gesetzgeber wird zudem
konterkariert, wenn bestimmte Informationen, die er fordert, von der
Rechtsprechung dann doch für nicht so wesentlich gehalten werden. Dies
gilt umso mehr, weil es sich nach Art. 7 Abs. 4 lit e der UGP-Richtlinie
2005/29/EG bei der Information über das Bestehen des Widerrufsrechts um
eine wesentliche Information handelt, die auch in jedem Fall richtig
sein muss, wenn sie sich auch über die Bedingungen und die Folgen der
Ausübung des Widerrufsrechts verhält. Der Internetkäufer soll nicht nur
genau wissen, ob er widerrufen kann, sondern auch in welcher Frist und
zu welchen Bedingungen. Für einen Verstoß gegen § 475 BGB gilt ähnliches. Eine Einschränkung des Gewährleistungsrechts des Verbrauchers beeinflusst diesen zwangsläufig immer erheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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