Donnerstag, 24. Februar 2011

150 € Rechtsanwaltsgebühren bei Tauschbörsenabmahnung wegen Download eines Musikalbums “Westernhagen - Williamsburg” (AG Elmshorn, Urteil vom 19. Januar 2011; Az: 49 C 57/10)




Der Streitwertbestimmung kommt keine abschreckende oder gar sanktionierende Wirkung zu; vielmehr orientiert sich diese an dem Wertinteresse des Gläubigers und an der Intensität der Rechtsverletzung. Beim unberechtigten online Stellen von 12 Musiktiteln eines Albums via einer Internet Tauschbörse kann der Streitwert, auch wenn das Album recht aktuell ist, bei  2.000 € liegen, wenn es sich um einen erst- und einmaligen Verstoß handelt und dieser zudem von kurzer Dauer war.

Die bloße Länge eines auf Basis von Textbausteinen gefertigten Schreibens führt ebenso wenig wie die bloße thematische Zugehörigkeit zu einem Rechtsgebiet, das weit überwiegend von hierauf spezialisierten Anwälten bearbeitet wird, zur Erhöhung der Geschäftsgebühr des Anwaltes. Auf Grundlage eines  Gegenstandswertes von  2.000 € und einer Geschäftsgebühr von 0,8 ergibt sich ein Honoraranspruch des Anwaltes inkl. Mehrwertsteuer in Höhe von 150,42 EUR.


Redaktioneller Leitsatz zu
AG Elmshorn, Urteil vom 19. Januar 2011;  Az: 49 C 57/10

Tenor

1.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 150,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.04.2010 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet

Tatbestand

Mit der Klage macht die Klägerin einen an sie abgetretenen anwaltlichen Honoraranspruch geltend. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.01.2010 wurde der Beklagte im Namen der ... GmbH wegen angeblicher Verletzung von Urheber- und Leistungsschutzrechten durch unerlaubte Verwertung des Albums “Westernhagen - Williamsburg” im Rahmen einer Internettauschbörse (sog. File-Sharing) abgemahnt. Dem Beklagten wurde vorgeworfen, am 07.11.2009 um 15:59:53 Uhr die Tonaufnahme (Album mit 12 Titeln, Erscheinungsdatum 23.10.2009) “Westernhagen – Williamsburg” zum Download angeboten zu haben.

Die ... GmbH verlangte als Rechteinhaberin von dem Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Schadenersatz. Hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren heißt es in dem anwaltlichem Schreiben vom 17.01.2010, dass diese sich nach einem Streitwert von mindestens € 30.000,00 berechneten.

Dies bedeute, dass allein für Rechtsanwaltskosten normalerweise ein Betrag in Höhe von € 1.005,45 anfallen könnten. Als pauschalierter Schadenersatz wurde dem Beklagten die Zahlung von 680,00 EUR bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung angeboten. Wegen der Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Abmahnschreibens vom 17.01.2010, Blatt 8 ff. der Akte, Bezug genommen. Nachdem der Beklagte die Kanzlei des Zedenten, eines Fachanwalts für gewerblichen Rechtsschutzes, kontaktiert hatte, wurde seitens des Zedenten dem Beklagten ein aus mehreren Seiten bestehendes Schriftstück per Mail übersandt, welches mit “Vollmacht und Auftrag” überschrieben war. Der Beklagte unterschrieb am 26.01.2010 das Schriftstück und sandte es an den Zedenten zurück. Wegen des Inhalts dieses Formulars wird auf die Anlage K1, Bl. 7 d.A., K 5, Bl. 33 d.A., sowie die Anlage K8, Bl. 92 und 93 d.A., Bezug genommen.

Der Zedent wies mit Schreiben vom 27.01.2010 die Abmahnung der Rechteinhaberin zurück, da nicht gesichert sei, dass der Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen habe. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage K3, Bl. 16 ff d.A., Bezug genommen. Zudem hinterlegte er bei 24der 116 Landgerichten in Deutschland unter gleichem Datum Schutzschriften zur Abwehr einer einstweiligen Verfügung. Wegen des Inhalts der Schutzschriften wird auf die Anlage K4, Bl. 20 ff d.A., Bezug genommen.

Bei dem Landgericht, bei dem der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, wurde keine Schutzschrift hinterlegt und auch bei keinem anderen Landgericht in Schleswig-Holstein. Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.02.2010 ließ die ... GmbH daraufhin ein weiteres Vergleichsangebot unterbreiten, nach dem der Beklagte 400,00 EUR als pauschalierten Schadenersatz zahlen sowie eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben sollte. Mit Schreiben vom 08.02.2010 riet der Zedent dem Beklagten zur Annahme des Vergleichsangebots, was der Beklagte noch am selben Tag tat.

Mit Datum vom 06.02.2010 rechnete die Klägerin für die Leistungen des Zedenten einen Betrag in Höhe von 2.257,55 EUR ab. Dieser Berechnung lagen ein Gegenstandswert von 30.000,00 EUR sowie eine 1,9 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG und eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 31.00 VV RVG zugrunde. Auf die Rechnung vom 06.02.2010, Anlage K6, Bl. 34 d.A., wird Bezug genommen. Die Forderung aus der Rechnung trat der Zedent an die Klägerin ab. Der Beklagte hatte hierzu unter dem 26.01.2010, Anlage K5, Bl. 33 d.A., sein Einverständnis erklärt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der anwaltlichen Tätigkeit des Zedenten ein Gegenstandswert von 30.000 EUR zugrunde zu legen sei, sowie ferner, dass der Ansatz einer 1,9 Geschäftsgebühr und einer 1,3 Verfahrensgebühr gerechtfertigt sei. Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.257,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%- Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, der Zedent habe ihn telefonisch angewiesen, zunächst die ihm per Email zugesandten Formulare zu unterschreiben und zurückzusenden; anschließend habe er, der Zedent, die Situation besprechen und auch zur Kostenfrage Stellung nehmen wollen. Weiterhin habe der Zedent vor der Rücksendung der Formulare erklärt, dass es sich um eine Standardangelegenheit handele; er erhalte viele Emails in dieser Form und müsse zur Abwehr nur ein bis zwei Schreiben fertigen. Hierdurch würden lediglich Kosten von 100,00 EUR ausgelöst werden. Die Klage ist am 07.04.2010 zugestellt worden. Der Beklagte hat hilfsweise mit dem Klagerwiderungsschreiben vom 15.05.2010 den Widerruf des zugrunde liegenden Vertrages gem. § 312 d Abs. 1, 355 BGB erklärt.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur in einem geringen Umfang begründet.

Der Klägerin steht lediglich in Höhe von 150,42 EUR ein Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten aus §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB, 398 BGB zu.

Nach §§ 611, 612 Abs. 2 BGB ist der Vertragspartner des Dienstverpflichteten verpflichtet, in dem Fall, in dem eine Vergütung nicht bestimmt worden ist, die taxmäßige Vergütung zu zahlen, wenn eine Taxe besteht. Zwischen dem Zedenten und dem Beklagten ist durch Rücksendung des unterzeichneten Auftragsformulars mit Datum vom 26.01.2010 ein Anwaltsvertrag gem. § 611 BGB über die Abwehr des Unterlassungsbegehrens der ... GmbH zustande gekommen. Dieser Vertrag ist wirksam. Insbesondere ist die zum Vertragsschluss führende Erklärung des Beklagten vom 26.01.2010 nicht gem. §§ 312 b Abs. 1, 355 BGB durch das Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 15.05.2010 wirksam widerrufen worden. Denn die Widerrufsfrist von grundsätzlich 14 Tagen gemäß § 355 Abs. 2 BGB war zu diesem Zeitpunkt längst abgelaufen. Der Beklagte war nämlich durch die Erklärung des Zedenten vom 26.01.2010 gemäß § 360 Abs. 1 BGB ordnungsgemäß über die Möglichkeit des Widerrufs seiner Erklärung belehrt worden. Das Formular des Zedenten mit der Widerrufsbelehrung hat der Beklagte unter dem 26.01.2010 ebenfalls unterschrieben. Dementsprechend war die Widerrufsfrist spätestens am 10.02.10 abgelaufen. Der Zedent hat zudem unstreitig vor Übernahme des Auftrags gem. § 49 b Abs. 5 BRAO darüber belehrt, dass sich sein Honorar nach dem Gegenstandswert richtet, sodass eine Pflichtverletzung hieraus nicht entnommen werden kann (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24.05.2007, Az.: IX ZR 89/06 - zitiert nach Juris). Mangels wirksamen Widerrufs war das Verfahren nicht dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Die Rechtsfrage, ob die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Dienstleister vom Verbraucher für die Inanspruchnahme einer im Vertrag vereinbarten Dienstleistung in dem Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht ausübt, Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung verlangen kann, ist für die Entscheidung des Rechtsstreites nach dem Vorgesagten nicht relevant.

Der Vertrag ist auch nicht aufgrund einer Unklarheit hinsichtlich des Umfangs der vertraglichen Verpflichtungen des Zedenten unwirksam oder auslegungsbedürftig. Zwar entspricht das seitens des Zedenten verwandte Formular nicht den üblicherweise von gebrauchten vorgefertigten Vollmachten, doch ist der Inhalt weder widersprüchlich noch missverständlich. Soweit sich einleitend die Worte “Vollmacht erteilt in Sachen gegen ... GmbH wegen Anspruchsschreiben vom 17.01.2010” ist Formulierung durchaus geeignet, den Umfang des Vertrages zu bezeichnen. Diese Formulierung kann auch bei objektiver Betrachtungsweise nicht anders verstanden werden, als dass der Zedent die mit Schreiben vom 17.01.2010 geltend gemachten Ansprüche prüfen und diese abwehren sollte und hierzu auch Schutzschriften hinterlegen kann.

Aufgrund des geschlossenen Vertrages schuldet der Beklage dem Zedenten jedoch lediglich eine Vergütung in Höhe von 150,42 EUR.

Die anwaltliche Tätigkeit des Zedenten ist nach einem Gegenstandswert von 2.000,00 EUR und mit einem Gebührensatz von 0,8 abzurechnen.

 a) Der Gegenstandswert für die Tätigkeit des Zedenten beträgt 2.000,00 EUR. Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist das Recht oder das Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwaltes bezieht (Hartmann, KostG RVG, § 2 Rn. 4; BGH NJW 07, 2050 ff.; BVerfG NJW-RR 01, 139; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, § 2 Rn. 2-8). In nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Gegenstandswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG nach § 3 ZPO nach billigem Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Die Abmahnung vom 17.01.2010 verfolgte das Ziel, ein weiteres Anbieten der zu Gunsten der ... GmbH geschützten Musiktitel im Internet zum Download zu verhindern. Dieses Interesse ist nicht in mathematischer Abhängigkeit von der Anzahl der in das Netz gestellten Titel zu bemessen; vielmehr sind die Gesamtumstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.12.2009, Az.: 6 U 101/09, I-6 U 101/09 - zitiert nach JURIS; LG Köln, Urteil vom 27.01.2010, Az.: 28 O 241/09). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob es sich um einen erst- und einmaligen Verstoß handelt (AG Halle, Urteil vom 24.11.2009, Az.: 95 C 3258/09). Auch der Umfang und das Ausmaß der streitigen Rechtsverletzung sowie der mögliche Schaden, der bei einer Fortsetzung des abgemahnten Verhaltens in nicht vorherzusehender Anzahl droht, sind einzubeziehen (vgl. Amtsgericht Aachen, Urteil vom 16.07.2010, Az.: 115 C 77/10).

Jedoch kommt der Streitwertbestimmung keine abschreckende oder gar sanktionierende Wirkung zu; vielmehr orientiert sich diese an dem Wertinteresse des Gläubigers und an der Intensität der Rechtsverletzung (AG Halle, Urteil vom 24.11.09, Az.: 95 C 3258/09). In Anbetracht der Tatsache, dass vorliegend der Vorwurf auf das online Stellen von 12 Titeln eines Albums lautete, andererseits aber das Album recht aktuell war und damit die Gefahr höherer Download-Zahlen beinhaltete, schätzt das Gericht den Streitwert auch unter Berücksichtigung der weiteren durch das OLG Köln dargestellten Kriterien auf 2.000,00 EUR.

Dabei hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass es sich um einen erst- und einmaligen Verstoß handelt, der zudem von kurzer Dauer war. Der Rechteinhaber hatte den Verstoß nur für einen bestimmten Moment, nämlich am 07.11.2009 um 15:59:53 Uhr, nicht aber für einen bestimmten Zeitraum dargelegt. Weiterhin hat das Gericht berücksichtigt, dass die Zahl der öffentlich zugänglich gemachten Titel deutlich unterhalb der durch das OLG Köln (a.a.O.) und das LG Köln (Urteil vom 27.01.2010, Az.: 28 O 4241/09) zu beurteilenden Menge lag.

Das OLG Köln setzte für die Onlinestellung von 964 Musikdateien im Einzelfall einen Streitwert von € 200.000,00 an. Das LG Köln setzte für 543 Titel einen Streitwert in Höhe von € 40.000,00 an. Das LG Hamburg hat im Falle der Verbreitung von zwei Musiktiteln in einer Internettauschbörse den dortigen Beklagten verurteilt, Schadenersatz in Höhe von € 15 pro Musiktitel an die klagenden Musikverlage zu zahlen (Urteil vom 8.10.2010, Az.: 308 O 710/09). Allein die Tatsache, dass der abmahnende Rechteinhaber - vielleicht auch mit dem Ziel, mögliche Rechteverletzer abzuschrecken oder durch die Nennung eines hohen Streitwertes zur Annahme des angebotenen pauschalen Schadensersatzes zu bewegen - unvertretbar hohe Streitwerte in dem abmahnenden Schreiben aufführt, führt im Ergebnis nicht dazu, dass dieser mitunter wahllos gegriffene “angedrohte” Streitwert auch als Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Abwehr von Abmahnungen zugrunde zu legen ist. Zudem zeigt das Angebot der anwaltlich vertretene Rechteinhaberin, einen pauschalen Schadensersatz von 680,00 EUR zzgl. einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu akzeptieren, dass auch seitens der Rechteinhaberin Zweifel hinsichtlich des in Aussicht gestellten Streitwertes von 30.000,00 EUR bestanden.

b) Der Zedent kann lediglich eine 0,8 Geschäftsgebühr nach dem Gegenstandswert von 2.000,00 EUR abrechnen. Eine Geschäftsgebühr von mehr als 0,8 erscheint im vorliegenden Fall unbillig. Die Geschäftsgebühr bestimmte sich bei einer Rahmengebühr wie der nach Nr. 2300 VV RVG gem. § 14 RVG u.a. nach dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Bedeutung der Angelegenheit. Dabei setzt der Rechtsanwalt die Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen fest. Überschreitet die Ermessensausübung den durch die Umstände des Einzelfalls bestimmten Rahmen, ist sie unbillig. Dann hat das Gericht das anwaltliche Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen (AG München ZfS 92, 310; Gerold/Schmidt § 14 RVG Rn. 5). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Korrektur nicht auf grobe Unbilligkeit beschränkt ist, sonst hätte der Gesetzgeber sich nicht des Begriffs der offenbaren Unbilligkeit wie z.B. in § 319 Abs. 1 BGB bedient (LG Hof JurBüro 84, 1024; Gerold/Schmidt a.a.O.). Klagt der Rechtsanwalt seine Gebühren gegen seinen Auftraggeber ein, da wegen der Regelung des § 11 Abs. 8 RVG ein Kostenfestsetzungsverfahren nicht möglich ist - § 315 Abs. 3 BGB, wonach die Gebühr für den anderen Teil nur verbindlich ist, wenn sie der Billigkeit entspricht. Andernfalls wird die Bestimmung durch Urteil getroffen. Der Rechtsanwalt hat zu darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die von ihm getroffene Bestimmung der Billigkeit entspricht (BGHZ 41, 279; AG München ZfS 92, 310; MünchKomm BGB-Gottwald § 315 Rn. 54; Gerold/Schmidt RVG § 14 Rn. 8).

Die von dem Zedenten veranschlagte Geschäftsgebühr von 1,9 entspricht nicht der Billigkeit und ist daher durch das Gericht nach billigem Ermessen festzusetzen und zu ersetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Zedent die Abwehr von Abmahnungen dieser Art in großer Zahl betreibt, so dass es sich bei der vorliegenden Verteidigung für ihn um ein routinemäßig, mit Hilfe von Textbausteinen erstelltes Schreiben einfacher Art, d.h. ohne schwierige rechtliche Ausführung und ohne größere sachliche Auseinandersetzung, handelt. Das Schreiben enthält keine auf den vorliegenden Fall bezogenen Rechtsausführungen und entspricht dem Vorbringen in vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten, denen der gleiche rechtlich einfach gelagerte Sachverhalt, nämlich die Verteidigung gegen eine Abmahnung wegen unerlaubten File-Sharings, zu Grunde liegt. Ein derartiges Schreiben löst lediglich eine 0,8 Geschäftsgebühr aus (vgl. auch AG Charlottenburg a.a.O.). Die bloße Länge eines auf Basis von Textbausteinen gefertigten Schreibens führt ebenso wenig wie die bloße thematische Zugehörigkeit zu einem Rechtsgebiet, das weit überwiegend von hierauf spezialisierten Anwälten bearbeitet wird, zur Erhöhung der angemessenen Geschäftsgebühr auf 1,9. Auf der Grundlage des somit in Ansatz zu bringenden Gegenstandswertes von € 2.000 und einer Geschäftsgebühr von 0,8 ergibt sich ein Honoraranspruch des Zedenten zuzüglich der Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR sowie der Mehrwertsteuer in Höhe von 150,42 EUR.

 c) Eine Vergütung für die Hinterlegung der Schutzschriften schuldet der Beklagte dem Zedenten im Ergebnis nicht. Auch insoweit wäre allenfalls eine 0,8 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 2.000,00 EUR geschuldet. Im Verfahren über einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung bestimmt sich der Gegenstandswert im Regelfall niedriger als im Hauptsacheverfahren, da es lediglich um eine einstweilige Maßnahme geht, die regelmäßig nicht der Befriedigung des Rechtsverhältnisses insgesamt dient. Im Regelfall wird die Hälfte angenommen (OVG Hamburg, RVGreport 05, 320; Gerold/Schmidt RVG Kommentar Teil G Rn. 19). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist der Gegenstandswerts für die Verfahrensgebühr mit 1.000,00 EUR anzusetzen. Die auf 0,8 reduzierte Geschäftsgebühr führt somit zu einem Honoraranspruch des Zedenten in Höhe von € 68,00 zzgl. USt. Wie bereits in der öffentlichen Verhandlung vom 11.11.2010 ausgeführt, sieht das Gericht jedoch keine Notwendigkeit für die Hinterlegung der inhaltlich gleichlautenden Schutzschriften; denn damit konnte lediglich der Versuch unternommen werden, den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung zu verhindern, durch die dem Beklagten untersagt worden wäre, weitere Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Ein darüber hinausgehender Nachteil drohte dem Beklagten nicht. Insoweit fehlte den Schutzschriften ein Nutzen für den Beklagten, der mit der Verfahrensgebühr hätte abgerechnet werden können. Gleichwohl entsteht die Verfahrensgebühr unabhängig davon, ob die vom RA getroffene Maßnahme schuldhaft falsch war (BGH NJW 04, 2817), solange sie vom Auftrag gedeckt ist. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Zwar findet sich in dem vom Beklagten unterzeichneten Formular auch die Formulierung, “der Auftrag umfasst die Abwehr der mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche (Zahlung und Unterlassung), einschließlich Schutzschrifthinterlegung zur Abwehr einer etwaigen einstweiligen Verfügung”, doch lässt sich dieser Formulierung nicht entnehmen, dass der Beklagte unabhängig von dem Nutzen solcher Schutzschriften auf jeden Fall wollte, dass Schutzschriften an Landgerichten hinterlegt werden. Der Zedent war lediglich bevollmächtigt bzw. beauftragt, Schutzschriften zu hinterlegen, wenn und soweit dies für die Abwehr der Ansprüche der Rechteinhaberin erforderlich war, bzw. auch im Falle der Nichterforderlichkeit, wenn der Beklagte hierauf nach einer entsprechenden Beratung bestanden hätte. Vorliegend hatte die Rechteinhaberin dem Beklagten eine Frist bis zum 31.01.2010 gesetzt, um das Angebot des pauschalen Schadensersatzes anzunehmen. Dass bereits am 27.01.2010 die Hinterlegung von Schutzschriften erforderlich war, ist daher nicht erkennbar, zumal diese auch nicht an allen Landgerichten, sondern nur an einigen hinterlegt worden sind. Dass durch die Hinterlegung von Schutzschriften an 24 von 116 bestehenden Landgerichten in Deutschland eine einstweilige Verfügung wirksam abgewehrt werden kann, ist nicht ersichtlich. Zudem drohte dem Beklagten im Falle des Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht mehr wieder gut zu machender Schaden, da ihm lediglich ein Verhalten untersagt werden sollte, welches in geschützte Rechte anderer eingreifen würde und welches er ohnehin nicht vornehmen wollte. Durch eine Schutzschrift wird lediglich eine Entscheidung ohne Anhörung des Gegners des einstweiligen Verfügungsverfahrens verhindert. Eine Kostenersparnis oder ähnliches ist damit nicht verbunden. Im Gegenteil, hierdurch werden zusätzliche Gebühren für den die Schutzschrift einreichenden Rechtsanwalt ausgelöst. Der Beklagte kann der Klägerin nicht entgegenhalten, dass der Zedent weitere Aufklärungspflichten verletzt habe. Der Rechtsanwalt muss den Mandanten grundsätzlich nicht ungefragt auf die gesetzliche Vergütungspflicht hinweisen (BGH a.a.O.). Es ist aber anerkannt, dass unter bestimmten Umständen der Rechtsanwalt nach Treu und Glauben verpflichtet sein kann, auch ungefragt über die voraussichtliche Höhe der Vergütung aufzuklären. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles. Vorliegend ist die Beauftragung des Rechtsanwaltes mit der Überprüfung der Berechtigung der Abmahnung indes nicht wirtschaftlich sinnlos gewesen, auch wenn dem Beklagten bereits ein Vergleichsvorschlag vorlag. Denn bereits die anwaltliche Prüfung, welche Rechtsfolgen sich aus der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung und der Einigung über die geltend gemachten Schadenersatzansprüche ergeben und ob hierzu eine Verpflichtung bestand, hatte für den Beklagten wirtschaftlichen Wert (vgl. AG Aachen, Urteil vom 16.07.2010, Az.: 115 C 77/10).

 Die Honorarforderung ist von dem Zedenten gem. § 398 BGB wirksam an den Kläger abgetreten worden. Die Wirksamkeit dieser Abtretung scheitert nicht an § 134 BGB. Der Beklagte hat in die Abtretung der Ansprüche ausdrücklich schriftlich eingewilligt, indem er eine Zustimmungs- und Abtretungserklärung am 26.01.2010 unterschrieb. Willigt der Mandant in die Abtretung und damit in die Weitergabe der Informationen gem. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in der Fassung ab dem 01.09.2009 ein und macht auf diese Weise von seinem durch Art. 2 GG gewährleisteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung Gebrauch, ist er im Umfang seiner Einwilligung nicht mehr schutzbedürftig.

Der Zinsanspruch beruht auf § 291, 288 Abs. 1 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO. Die Unterliegensquote des Beklagten liegt unter 7 Prozent und hat, da zwischen den Streitwerten von 2.000,00 EUR und 2.500,00 EUR kein Gebührensprung liegt, keine zusätzlichen Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich der Klägerin auf § 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO. Das Urteil ist für den Beklagten nicht berufungsfähig. Im übrigen beruht die Entscheidung auf § 708 Ziffer 11, 711, 709 ZPO.

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