I. Die Berichterstattung über eine Straftat unter Namensnennung des
Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner
Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens, weil sie sein
Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der
Adressaten von vornherein negativ qualifiziert.
II. Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden. Der Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
Redaktioneller Leitsatz zu
BGH · Urteil vom 15. Dezember 2009 · Az. VI ZR 227/08II. Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden. Der Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
a) Wahre Tatsachenbehauptungen müssen
in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den
Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre
Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn
sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis
zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht.
b) Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter.
c) Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an. So stellt eine Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine Wortberichterstattung.
b) Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter.
c) Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an. So stellt eine Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine Wortberichterstattung.
Redaktioneller Leitsatz zu
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. Juli 2008 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 29. Februar 2008 abgeändert.Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der individualisierenden Berichterstattung über eine Straftat in Anspruch.
Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes
an dem bekannten Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen
Freiheitsstrafe verurteilt. Die Tat hatte erhebliches Aufsehen erregt.
Im Januar 2008 wurde der Kläger auf Bewährung aus der Strafhaft
entlassen. Die Beklagte betreibt als Körperschaft des öffentlichen
Rechts einen Rundfunksender und das Internetportal www.dradio.de. Dort
hielt sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten in der Rubrik
"Kalenderblatt" jedenfalls bis ins Jahr 2007 die Mitschrift eines auf
den 14. Juli 2000 datierten Beitrags mit dem Titel "Vor zehn Jahren
Walter Sedlmayr ermordet" zum Abruf bereit. Darin heißt es unter voller
Namensnennung der Betroffenen u.a.: "Sedlmayrs Kompagnon W. und dessen
Bruder L. werden 1993 nach einem sechsmonatigen Indizienprozess zu
lebenslanger Haft verurteilt. Die beiden beteuern bis heute ihre
Unschuld und scheiterten erst in diesem Jahr vor dem
Bundesverfassungsgericht mit der Forderung, den Prozess wieder
aufzurollen."
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten, es zu
unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller
Namensnennung zu berichten. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen
Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die
Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Artt. 1 Abs. 1, 2
Abs. 1 GG zu, weil die Verbreitung der den Kläger identifizierenden
Meldung diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Im
Jahr 2007, als die Meldung noch verbreitet worden sei, habe sich der
Kläger kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft unter Aussetzung des
Strafrestes zur Bewährung befunden, weshalb eine Konstellation gegeben
gewesen sei, wie sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
5. Juni 1973 (BVerfGE 35, 202
ff. - Lebach I) zugrunde gelegen habe. Das im Hinblick auf seine
bevorstehende Wiedereingliederung in die Gesellschaft besonders
schutzwürdige Interesse des Klägers, nicht weiterhin öffentlich mit der
Tat konfrontiert zu werden, überwiege das Interesse der Beklagten an der
weiteren Verbreitung der Meldung umso mehr, als die Einschränkungen,
die dem Ver- breiter solcher Meldungen auferlegt würden, denkbar gering
seien. Diesem werde nämlich nicht die Berichterstattung über die Tat,
sondern nur die Namensnennung der Täter untersagt.
Der Umstand, dass - wie auch im Streitfall - Meldungen im Internet
häufig dauerhaft abrufbar gehalten würden und als ältere Meldungen
erkennbar seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es mache keinen
Unterschied, ob die Identität des Betroffenen in einer neuen oder in
einer älteren Meldung preisgegeben werde. Es komme auch nicht darauf an,
ob die beanstandete Meldung mittels Suchmaschinen oder Querverweisen
über ein auf die Tat bezogenes Schlagwort oder über den Namen des Täters
auffindbar sei. Auch der Umstand, dass über das Internet verbreiteten
Meldungen in der Regel noch ein geringerer Verbreitungsgrad zukomme als
Meldungen, die über die Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen verbreitet
würden, lasse nicht die Anlegung anderer als der vom
Bundesverfassungsgericht für die Massenmedien entwickelten Maßstäbe zu.
Die Beklagte sei hinsichtlich der Rechtsbeeinträchtigung auch Störer.
Ihre Störereigenschaft könne insbesondere nicht im Hinblick darauf
verneint werden, dass es sich bei dem Teil des Internetauftritts, in dem
die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten worden sei, um ein
privilegiertes Internetarchiv handle. Denn eine über das Internet
allgemein zugängliche, in die Rubrik "Archiv" eingestellte Äußerung
werde ebenso verbreitet wie jede andere Äußerung auch. Der Rubrik, in
der die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten werde, komme auch
unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Kontrolle über den
eigenen Internetauftritt keine Bedeutung zu. Ferner sei unerheblich, ob
bereits die erstmalige Veröffentlichung der beanstandeten Inhalte
rechtswidrig oder ob die Verbreitung der Meldung ursprünglich rechtmäßig
gewesen sei.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte
gemäß den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.
1. Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist dahingehend
auszulegen, dass der Beklagten untersagt werden soll, auf ihrer
Internetseite Mitschriften nicht mehr aktueller Rundfunkbeiträge zum
Abruf bereit zu halten, in denen im Zusammenhang mit dem Mord an Walter
Sedlmayr der Name des Klägers genannt wird. Der Klageantrag ist dagegen
nicht auf Unterlassung jedweder künftiger (Rundfunk-)Berichterstattung
gerichtet. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Klagebegründung, die
zur Ermittlung des Klagebegehrens heranzuziehen ist (vgl. Senatsurteil
vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - VersR 2009, 1269, 1271 m.w.N.; BGHZ 173, 188,
192 jeweils m.w.N.). Der Kläger hat schriftsätzlich deutlich gemacht,
dass er sich lediglich gegen das weitere Vorhalten ihn identifizierender
Meldungen in Form von Mitschriften früherer Rundfunksendungen wie der
konkret angegriffenen zum Abruf im Internet wendet. In diesem Sinne
haben auch die Vorinstanzen das Begehren des Klägers verstanden. Dieses
Verständnis hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat bestätigt.
2. Die Klage ist aber nicht begründet.
a) Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass das
Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet einen
Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt.
Denn die Berichterstattung über eine Straftat unter Namensnennung des
Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner
Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens, weil sie sein
Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der
Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 202 f.; 178, 231 Rn. 33; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; BVerfGE 35, 202, 226; BVerfG NJW 2006, 2835; AfP 2009, 365
Rn. 15). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch
die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in
Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn -
wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf
einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf
bereitgehalten werden (vgl. BVerfG AfP 2009, 365
Rn. 17). Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten
Internetnutzer zugänglich (vgl. Verweyen/Schulz, AfP 2008, 133, 137).
b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für
geboten erachtet, über die Klage aufgrund einer Abwägung des Rechts des
Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens
aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10
EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit
zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als
eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern
muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich
geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des
Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der
Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu
berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - VersR 2009, 1545 Rn. 16; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.; 120, 180, 200 f.; AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480
Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann
rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die
schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile
vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08 - z.V.b. m.w.N.).
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass
das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das Bereithalten
der beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet in rechtswidriger Weise
verletzt worden sei. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände
des Streitfalles nicht ausreichend berücksichtigt und das von der
Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr
Recht auf freie Meinungsäußerung mit einem zu geringen Gewicht in die
Abwägung eingestellt.
aa) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind
verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den
konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480
Rn. 61 f., jeweils m.w.N.). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen
in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den
Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre
Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn
sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis
zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann
insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine
erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere
Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum
Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden
drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 17).
Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu
berücksichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen
Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und
die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den
Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das
Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes
Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter.
Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise
und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei schweren
Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und
Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die
Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie
über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. BVerfGE 35, 202, 231; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 18; vgl. auch BGHZ 143, 199, 204).
Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an
einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen
Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient für die
aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im
Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch
diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich
nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen,
sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte
Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen
befriedigt wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 231 f.; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 19; vgl. auch Senatsurteile BGHZ 143, 199, 204; 178, 213 Rn. 22 f.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 Rn. 14).
Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt dagegen das Interesse des
Täters, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu
bleiben, zunehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz
vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person
des Straftäters und seiner Privatsphäre (vgl. BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG AfP 2009, 365
Rn. 21). Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der
Verfolgung und Verurteilung die gebotene rechtliche Sanktion erfahren
und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden,
lassen sich wiederholte Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Täters
im Hinblick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die
Gemeinschaft nicht ohne weiteres rechtfertigen. Hiermit ist allerdings
keine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung
persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse gemeint. Das allgemeine
Persönlichkeitsrecht vermittelt Straftätern keinen Anspruch darauf, in
der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu
werden. Selbst die Verbüßung der Straftat führt nicht dazu, dass ein
Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat "allein
gelassen zu werden". Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß
das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Resozialisierungsinteresses
des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen
des Einzelfalls beeinträchtigt wird (vgl. BVerfG NJW 2000, 1859, 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21; EGMR, Urteil vom 7. Dezember 2006 - Beschwerde Nr. 35841/02,
- Österreichischer Rundfunk gegen Österreich, Nr. 68, ÖJZ 2007, 472,
473, jeweils m.w.N.). Für die Intensität der Beeinträchtigung des
Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der
Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an.
So stellt eine Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus
stärkeren Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine
Wortberichterstattung (vgl. BVerfG NJW 2000, 1859, 1860 und AfP 2009, 365 Rn. 21, jeweils m.w.N.).
bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz
seiner Persönlichkeit und an der Achtung seines Privatlebens vorliegend
hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der
Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung
zurückzutreten. Zwar kommt dem Interesse des Klägers, vor einer
Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, vorliegend
erhöhtes Gewicht zu. Die von ihm begangene Straftat und die Verurteilung
liegen lange zurück; der Kläger ist im Januar 2008 aus der Strafhaft
entlassen worden. Andererseits beeinträchtigt die beanstandete Passage
der Mitschrift der Rundfunksendung vom 14. Juli 2000 sein
Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Resozialisierungsinteresses
unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht in erheblicher
Weise. Sie ist insbesondere nicht geeignet, ihn "ewig an den Pranger" zu
stellen oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu
zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte.
Die beanstandete Passage der Mitschrift enthält wahrheitsgemäße
Aussagen über ein Kapitalverbrechen an einem bekannten Schauspieler, das
erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte. In ihr werden die
Umstände der Tat, der Verurteilung und des weiteren Verfahrens
sachbezogen, zurückhaltend und ohne zusätzliche stigmatisierende
Umstände wiedergegeben. Der Kläger wird nicht als Täter des
Gewaltverbrechens bzw. Mörder bezeichnet. Vielmehr wird lediglich
mitgeteilt, dass er nach einem sechsmonatigen Indizienprozess wegen
Mordes verurteilt worden sei. Zugleich wird seine Haltung zu dem
Tatvorwurf geschildert. In dem Beitrag heißt es nämlich, dass er bis
heute seine Unschuld beteure, was für den Leser die Möglichkeit offen
lässt, dass der Kläger zu Unrecht verurteilt wurde. Die den Kläger
identifizierenden Angaben in dem Rundfunkbeitrag vom 14. Juli 2000 waren
angesichts der Schwere des Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers, des
erheblichen Aufsehens, das die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte
und des Umstands, dass sich die Verurteilten bis weit über das Jahr 2000
hinaus unter Inanspruchnahme aller denkbaren Rechtsbehelfe um die
Aufhebung ihrer Verurteilung bemühten, zum Zeitpunkt der Einstellung der
Meldung in den Internetauftritt der Beklagten unzweifelhaft zulässig.
In der Art und Weise, wie die Mitschrift des Rundfunkbeitrags zum
Abruf bereitgehalten wurde, kam ihr eine nur geringe Breitenwirkung zu.
Der Verbreitungsgrad des konkret gewählten Mediums war gering; eine
Fallgestaltung, wie sie der Lebach-I-Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 35, 202)
zugrunde lag, ist nicht gegeben. Gegenstand dieser Entscheidung war
eine Fernsehdokumentation zur besten Sendezeit, die zu einem intensiven
Nacherleben der Straftat unter Betonung der emotionalen Komponente
führte (vgl. BVerfGE 35, 202,
228 f.). Unter den damaligen Fernsehbedingungen war gerade für eine
solche Sendung mit einer besonders hohen Einschaltquote zu rechnen
(BVerfG aaO). Hingegen setzte ein Auffinden der beanstandeten Mitschrift
im Streitfall eine gezielte Suche voraus. Sie war nur auf einer als
passive Darstellungsplattform geschalteten Website verfügbar, die
typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die
sich selbst aktiv informieren (vgl. BVerfG NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298,
1299; Feldmann, JurisPR-ITR 15/2009 Anm. 5). Sie befand sich auch nicht
auf den aktuellen Seiten des Internetauftritts der Beklagten, wo sie
dem Nutzer unmittelbar nach Aufruf der Homepage der Beklagten ins Auge
hätte fallen können. Vielmehr war sie ausweislich der Feststellungen des
Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, nur auf
den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der
Beklagten zugänglich und ausdrücklich - und für den Nutzer ohne weiteres
ersichtlich - als Altmeldung gekennzeichnet. Sie war auch nicht in
sonstiger Weise in einen Kontext eingebettet, der ihr den Anschein der
Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verlieh
und die Annahme rechtfertigen würde, die Beklagte habe sich erneut bzw.
zeitlich uneingeschränkt mit der Person des Straftäters befasst (vgl.
dazu Hoecht, AfP 2009, 342, 346 f.; von Petersdorff-Campen, ZUM 2008,
102, 107; Feldmann, aaO; LG Düsseldorf, ZUM 2008, 156).
Vielmehr handelt es sich um eine ausdrücklich als solche
gekennzeichnete frühere Veröffentlichung, die lediglich weiterhin zum
Abruf bereitgehalten wurde.
Zugunsten der Beklagten fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein
anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der
Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der
Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu
recherchieren (vgl. OLG Köln, AfP 2007, 126, 127; KG, AfP 2006, 561, 563; OLG Frankfurt, ZUM 2007, 915, 917; AfP 2006, 568,
569; Hoecht, aaO, 345 ff.; Libertus, MMR 2007, 143, 148).
Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der
Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der
demokratischen Willensbildung mitzuwirken, auch dadurch wahr, dass sie
nicht mehr aktuelle Veröffentlichungen für interessierte Mediennutzer
verfügbar halten. Diese umfassende Aufgabe der Medien kommt
beispielsweise in § 11d Abs. 2 Nr. 4 Rundfunkstaatsvertrag zum Ausdruck,
wonach der Auftrag der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten auch das
Angebot zeitlich unbefristeter Archive mit zeit- und
kulturgeschichtlichen Inhalten umfasst (vgl. Begründung zum Zwölften
Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, Artikel 1
Nr. 12 § 11d). Ein generelles Verbot der Einsehbarkeit und
Recherchierbarkeit bzw. ein Gebot der Löschung aller früheren den
Straftäter identifizierenden Darstellungen in Onlinearchiven würde dazu
führen, dass Geschichte getilgt und der Straftäter vollständig
immunisiert würde (vgl. Hoecht, aaO, S. 345 f.; Dreier, FS Loewenheim,
2009, S. 67, 68, 76 m.w.N.). Hierauf hat der Täter aber keinen Anspruch
(vgl. BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21).
Weiterhin ist zu beachten, dass das vom Kläger begehrte Verbot einen
abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit
hätte, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess
einschnüren würde (vgl. BVerfGE 93, 266, 292; 99, 185, 197; AfP 2009, 480 Rn. 62; vgl. ferner BGH, BGHZ 158, 343,
353). Die Beklagte könnte ihren verfassungsrechtlichen Auftrag, in
Wahrnehmung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren,
nicht vollumfänglich wahrnehmen, wenn es ihr generell verwehrt wäre, dem
interessierten Rundfunkteilnehmer den Zugriff auf Mitschriften
ursprünglich zulässiger Sendungen zu ermöglichen. Würde auch das weitere
Bereithalten ausdrücklich als solcher gekennzeichneter und im Zeitpunkt
der Einstellung zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen
vorgesehenen Seiten zum Abruf im Internet nach Ablauf einer gewissen
Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres
unzulässig und wäre die Beklagte verpflichtet, sämtliche archivierten
Hörfunkbeiträge von sich aus immer wieder auf ihre Rechtmäßigkeit zu
kontrollieren, würde die Meinungs- und Medienfreiheit in unzulässiger
Weise eingeschränkt. Angesichts des mit einer derartigen Kontrolle
verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands bestünde die erhebliche
Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der Öffentlichkeit
zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der erstmaligen
Sendung die Umstände ausklammern würde, die - wie vorliegend der Name
des Straftäters - das weitere Vorhalten der Mitschrift der Sendung
später rechtswidrig werden lassen könnten, an deren Zugänglichkeit die
Öffentlichkeit aber ein schützenswertes Interesse hat.
d) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine andere
rechtliche Beurteilung auch nicht nach den Grundsätzen des
Datenschutzrechts geboten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der
sachliche Anwendungsbereich der - gemäß § 16 des Staatsvertrags über die
Körperschaft öffentlichen Rechts "Deutschlandradio" vom 17. Juni 1993
(nachfolgend: Deutschlandradio-Staatsvertrag) für den Datenschutz bei
der Körperschaft grundsätzlich entsprechend anwendbaren - Vorschriften
des Bundesdatenschutzgesetzes überhaupt eröffnet ist, insbesondere ob es
sich bei dem beanstandeten Bereithalten der den Namen des Klägers
enthaltenden Mitschrift des Rundfunkbeitrags vom 14. Juli 2000 zum Abruf
im Internet um ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des §
3
Abs. 4 Satz 1 BDSG handelt. Denn das Bereithalten dieser Meldung
unterfällt jedenfalls dem sogenannten Medienprivileg des § 17 Abs. 1
Deutschlandradio-Staatsvertrag mit der Folge, dass seine Zulässigkeit
weder von einer Einwilligung des Betroffenen noch von einer
ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des § 4 BDSG abhängig ist.
aa) Gemäß § 17 Abs. 1 Deutschlandradio-Staatsvertrag gelten, soweit
personenbezogene Daten durch die Körperschaft ausschließlich zu eigenen
journalistischredaktionellen Zwecken verarbeitet werden, nur die für das
Datengeheimnis und für die Datensicherung maßgeblichen Vorschriften des
Bundesdatenschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung
entsprechend. § 4
BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener
Daten nur zulässig sind, soweit dieses Gesetz oder eine andere
Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene
eingewilligt hat, kommt dagegen nicht zur Anwendung (vgl. Hahn/Vesting,
Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 57 RstV Rn. 6 f., 15 f.; Keber in
Schwartmann, Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht, 2. Teil, 16.
Abschnitt, Rn. 25, 27; Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, § 41 BDSG Rn. 6, 10a; vgl. zu § 41
BDSG: Gola/Schomerus, BDSG, 9. Aufl., § 41 Rn. 2). Das in § 17 Abs. 1
Deutschlandradio-Staatsvertrag angeordnete Medienprivileg ist Ausfluss
der in Art. 5
Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Rundfunkfreiheit. Ohne die Erhebung,
Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung
der jeweils Betroffenen wäre journalistische Arbeit nicht möglich;
Presse und Rundfunk könnten ihre in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10
Abs. 1 Satz 2 EMRK, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte
der Europäischen Union zuerkannten und garantierten Aufgaben nicht
wahrnehmen (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08 - VersR 2009, 1131
Rn. 20; Waldenberger in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen
Medien, Presserecht Rn. 118 ff., 140; Keber in Schwartmann, aaO;
Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 6 ff.; Dörr, ZUM 2004, 536, 540 f.; vgl.
auch Art. 9 sowie Erwägungsgründe 17 und 37 der Richtlinie 95/46/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und
zum freien Datenverkehr; EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-101/01 - Lindqvist gegen Schweden - ZUM-RD 2004, 107 Rn. 90; vom 16. Dezember 2008 - Rs. C-73/07
- Tietosuojavaltuutettu gegen Satakunnan Markkinapörssi Oy - EuGRZ
2009, 23 ff.; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 8. Mai 2008
in der Rechtssache C-73/07 - zitiert nach Juris, Rn. 37, 39, 66 ff., 81 f.).
bb) Die Voraussetzungen einer datenschutzrechtlichen Privilegierung
gemäß § 17 Abs. 1 Deutschlandradio-Staatsvertrag sind vorliegend
erfüllt. Die Beklagte hat die den Namen des Klägers enthaltende
Mitschrift des Rundfunkbeitrags vom 14. Juli 2000 ausschließlich zu
eigenen journalistischredaktionellen Zwecken in ihren Internetauftritt
eingestellt und zum Abruf im Internet bereitgehalten.
(1) Daten werden dann zu journalistischredaktionellen Zwecken
verarbeitet, wenn die Zielrichtung in einer Veröffentlichung für einen
unbestimmten Personenkreis besteht (vgl. Hahn/Vesting, aaO, Rn. 13;
Bergmann/Möhrle/ Herb, aaO, Rn. 23). Es muss die Absicht einer
Berichterstattung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - worunter auch die Meinungsäußerung fällt (vgl. BVerfGE 60, 53,
63 f.; Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art. 5 Abs. 1 Rn. 201 f.) - gegeben sein
(vgl. Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 26; Schmittmann in Schwartmann,
aaO, 1. Teil, 6. Abschnitt Rn. 26 ff.). Denn nur die Tätigkeiten, die
der Erfüllung der Aufgaben einer funktional verstandenen Presse bzw. des
Rundfunks dienen, werden vom Medienprivileg erfasst (Waldenberger in
Spindler/Schuster, aaO, Rn. 137). Dementsprechend gilt die
datenschutzrechtliche Privilegierung beispielsweise nicht für im Rahmen
der Personaldatenverarbeitung anfallende oder im Zusammenhang mit dem
Gebühreneinzug, zur Akquisition von Abonnenten oder zur (kommerziellen)
Weitergabe an Dritte gespeicherte Daten (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 55
zu Art. 1 § 37 Abs. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung
der Datenverarbeitung und des Datenschutzes; Bergmann/Möhrle/Herb, aaO,
Rn. 29; Waldenberger in Spindler/Schuster, aaO, Rn. 137;
Schaffland/Wiltfang, BDSG Stand 7/2009, § 41 Rn. 4). Demgegenüber sind
die Recherche, Redaktion, Veröffentlichung, Dokumentation und
Archivierung personenbezogener Daten zu publizistischen Zwecken
umfassend geschützt (vgl. Waldenberger in Spindler/Schuster, aaO, Rn.
138). Das durch die Presse- und Rundfunkfreiheit verfassungsrechtlich
vorgegebene Medienprivileg schützt insbesondere auch die publizistische
Verwertung personenbezogener Daten im Rahmen einer in den Schutzbereich
des Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK fallenden Veröffentlichung (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Rs. C-73/07
- Tietosuojavaltuutettu gegen Satakunnan Markkinapörssi Oy - EuGRZ
2009, 23 Rn. 61 f.; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 8. Mai
2008 in der Rechtssache C-73/07 - zitiert nach Juris, Rn. 65 ff., 81 f.).
Von einer Verarbeitung ausschließlich zu eigenen Zwecken ist dann
auszugehen, wenn die Daten eigenen Veröffentlichungen des betroffenen
Presseunternehmens bzw. der betroffenen Rundfunkanstalt dienen (vgl.
Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, Rn. 30).
(2) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Beklagte
hat die den Namen des Klägers enthaltende Mitschrift des
Rundfunkbeitrags vom 14. Juli 2000 ausschließlich zu dem Zweck in ihren
Internetauftritt eingestellt und dort zum Abruf bereitgehalten, damit er
von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen werden
kann. Sie hat damit unmittelbar ihre verfassungsrechtliche Aufgabe
wahrgenommen, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu
informieren und an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken. Sowohl
das Einstellen der beanstandeten Inhalte ins Internet als auch ihr
(dauerhaftes) Bereithalten zum Abruf ist Teil des in den Schutzbereich
des Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10
Abs. 1 EMRK fallenden Publikationsvorgangs. Hieran vermag auch der
Umstand nichts zu ändern, dass seit der Einstellung der Meldung ins
Internet mittlerweile mehr als neun Jahre vergangen sind.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.