Montag, 21. Februar 2011

Abmahnung erhalten? Die Datenermittlung über "dynamische IP Nummern" ist fehleranfällig (Landgericht Köln, Beschluss v. 25.09.2008; Az. 109-1/08)


Im Internet gibt es Tauschbörsen, in denen die Benutzer sich im Rahmen eines Peer-to-Peer-Netzwerkes gegenseitig über die jeweilige Tauschplattform Daten zur Verfügung stellen. Hierzu sind alle Computerbenutzer über eine bestimmte Software in einem eigenen Netzwerk miteinander verbunden.



Rechtsanwalt
Michael Kohberger
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Die Daten werden gegenseitig über die Tauschplattform zur Verfügung gestellt. Nach eigenen Angaben ermitteln die Abmahner mit Hilfe einer angeblich zuverlässigen Software zunächst die IP-Adressen derjenigen Anschlussinhaber, über deren Anschluss im Internet angeblich eine Tauschbörse bereitgehalten wird. Sodann wird der zu dieser IP-Adresse zugehörige Provider (z.B. die Deutsche Telekom AG) ermittelt und vom Gericht (z. B. LG Köln) verpflichtet, Auskunft zu den Namen und Anschriften der Internet-Anschlussinhaber zu geben. Diese Auskunft bildet im Anschluss daran die Grundlage für eine Abmahnung. Dabei ist die Datenermittlung bereits aus technischen Gründen äußerst fragwürdig. So hat das Landgericht Köln  in einer sehr lesenswerten Entscheidung u.a. ausgeführt, dass dynamische IP Nummern zu Ermittlungsfehlern führen (Landgericht Köln, Beschluss v. 25.09.2008; Az. 109-1/08).

Bei Urheberrechtsverletzungen via Tauschbörsen zeichnet  sich nach Ansicht der Kölner Richter die Zuordnung konkreter Verstöße zu konkreten Personen durch eine extrem unbefriedigende Intransparenz der Geschehensabläufe aus.  Bereits die Zuverlässigkeit der Ermittlung der dynamischen IP-Adressen, unter denen  Urheberrechtsverletzungen begangen sein sollen, stellt sich  ausweislich des besagten Gerichtsbeschlusses als "überdenkenswert" dar. Ausgangspunkt der Probleme ist die eine Zuordnung extrem erschwerende Internetpraxis, dass die IP-Adresse einem bestimmten Provider zugeordnet ist und dieser sie „dynamisch“ - also bei jeder Internetanwahl eines seiner Klienten aufs neue - vergibt. Dadurch ist die IP-Adresse nicht einem bestimmten Nutzer zugeordnet, sondern wird nacheinander einer unüberschaubaren Vielzahl von Nutzern -jeweils vorübergehend - zugeordnet. Die Zuordnung zu einem konkreten Festnetzanschluss hängt demzufolge davon ab, den genauen Zeitpunkt der Einwahl ins System (login) und die Dauer der Sitzung zuverlässig zu ermitteln. Fehlverknüpfungen  sind  kein seltenes oder vereinzeltes Phänomen. Bei einigen Verfahren lag die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP-Adressen ausweislich des Beschlusses deutlich über 50% aller angezeigten Fälle.

Das Kölner Landgericht hat außerdem betont, dass auch die Verlässlichkeit der Hashwerte, die nach den Beobachtungen der Staatsanwaltschaft Köln manipuliert werden können und gelegentlich - von Hackern - manipuliert werden, um den Betrieb der Tauschbörse zu stören,  nicht hundertprozentig gewährleistet sei. Daraus ergibt sich eine weitere, quantitativ schwer einzuordnende Unsicherheit in der Zuordnung eines bestimmten Festnetzanschlusses zu einem bestimmten Werk-Download.

Was tun?
Gar keine Reaktion auf eine  Abmahnung  ist die denkbar schlechteste Lösung, da die akute Gefahr besteht, dass die Gegenseite mit einer kostenintensiven einstweiligen Verfügung reagiert. Dies gilt um so mehr da die Musik-und Filmindustrie dafür bekannt ist, klagefreudig zu sein. Es werden immer wieder nicht nur einstweilige Verfügungen beantragt, sondern auch Zahlungsklagen erhoben.

Man sollte nicht den Fehler begehen, aus der Panik heraus blindlings die beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärung zu unterschreiben. An eine unterschriebene Unterlassungserklärung in man in jedem Fall 30 Jahre gebunden. Außerdem werten die Gerichte strafbewehrte Unterlassungserklärungen als Schuldanerkenntnis. Bei massenhaft versendeten Abmahnungen handelt es sich meist um pauschalisierte Schreiben, die den konkreten Einzelfall regelmäßig außer Betracht lassen. Folglich sollte bei Erhalt einer Abmahnung  stets profunde anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden und unter Umständen eine modifizierte Unterlassungserklärung mit anwaltlicher Hilfe abgegeben werden.